Hach ein Garten, ja das wär's. Ich hab ja nur einen Balkon. Dort habe ich letztes Jahr unter Einsatz meines Lebens sowie einer Bohrmaschine einen Draht kreuz und quer die Wand und Decke lang gespannt, auf dass die damals neu erworbene Klematis-Kletterpflanze dort entlangranke und der Balkon künftig mehr zum Verweilen einlade. So der Plan. Die blöde Klematis leider hängt seitdem eher gelangweilt in der Gegend rum und will einfach nicht die Decke langranken. Stattdessen knubbelt sich ein nicht mehr zu entwirrender Rankenknäuel an einer Seite der Wand. Naja. Ich habe noch alle bestellbaren Flächen mit Blumenkästen versehen und dort allerlei Kraut und Zierflora ausgesät. Im ersten Jahr sah das ja auch noch gut aus. Aber dann kam die Kamille. Wer hätte gedacht, dass die sonst so als harmlos und gutartig verschriene Kamille ein solch bösartiges und rücksichtloses Gewächs sein kann! Selbst ausgesät hat sie sich auf meinem Balkon. Alles fing mit einer (!) einzigen Kamille an, die plötzlich in einem der Kästen spross. Das war im letzten Jahr. Damals dachte ich noch: "Ach, wie nett, da hat sich eine Kamille hingesät, das ist ja was, hihi!" Die Kamille jedoch, kaum verblüht und von Bienen befruchtet, säte sich munter weiter aus und hat mittlerweile drei komplette Blumenkästen übernommen! Die hat einfach aggressiv alles andere überwuchert und plattgemacht. Ein derart imperialistisches Grünzeug ist mir noch nicht untergekommen. Alles haben meine Balkonpflanzen bislang überlebt: Langanhaltendes Fortbleiben von Wasser, Sintflutartige Wasserschwemmen, Schwärme von Blattläusen, wilde Parties ... aber die Kamille hat's geschafft. Zuerst hat sie alle anderen Pflanzen verdrängt und vernichtet, und dann - als die erste Hitzewelle Berlin heimgesucht hat - ist sie sofort selbst eingegangen. Jetzt hab ich nur noch traurige braune Stengel, wo einst Gottes muntere Vielfalt spross und den Betrachter erfreute. Ich hasse Kamille. Nie wieder will ich etwas Gutes über dieses Teufelszeug sagen!
Kamille, elende!